Ulrich Voigt hat geschrieben: Jetzt könntest Du einmal im Detail, schauen, was Du von den Bildern hältst.
Diese Anregung will ich gerne aufgreifen.
Ich fange an, mit dem ersten Bild.
Nr.01 : Gelber Handwerkskasten mit Wasserwaage. Aztekisch.
Ich habe auch einen Handwerkskasten. Der hat auch eine Wasserwaage drinnen. Die ist gelb. Mein Handwerkskasten ist blau. Nun gut, das ist Zufall.
Ich fage mich: Was hat ein Handwerkskasten mit den Azteken zu tun? Ich muss, in meiner Fantasie, den Handwerkskasten gelb werden lassen, und zwar: lasse ich ihn aus Bernstein sein. Die Azteken verwendeten bernsteinerne gelbe Handwerkskästen.
Am Anfang erscheint mir Dein Bild sehr natürlich. Ein Handwerkskasten mit einer Wasserwaage drin. Natürlich, weil aus dem Leben gegriffen, weil ich das eben auch habe. Dann klafft da ein Hiatus zwischen diesem Kasten und den Azteken. Diese Lücke kann ich nur unter Zuhilfenahme der bizarren unwahren Assoziation, dass die Azteken bernsteinerne Handwerkskästen hatten, überbrücken.
Nr.02 : Senkrechtes Hirsefeld. San Francisco.
Gefällt mir sehr gut. Anfangs hatte ich es nicht verstanden, doch dann fiel mir ein, dass in San Francisco die Straßen abwärts fallen, weil es sehr hügelig ist. Ich war noch nie dort. Ich kenne es nur aus dem Film.
Für mich ist dieses Bild eine raumhafte und traumhafte Übertreibung. Träume machen es so: sie übertreiben ins Krasseste. Deshalb, unter anderem, sind sie so schwer zu entschlüsseln. Man muss dann nur das Outrierte zurück nehmen, um einen Sinn zu verstehen, so wie hier, und das ist oftmals in der Traumdeutung sehr schwer.
Wieso Hirse? Wieso ein Hirsefeld? Ich denke an Straßen. Aber meine eigene Erwartung zu durchbrechen, mag gerade den Gedächtniskitt klebriger machen. Hirsefeld bietet einen neuen Ansatzunkt für Assoziationen, besser vielleicht als: Straße. Bei Straße hätte ich aber die Assoziation zu "Die Straßen von San Francisco" und könnte mir die darin vorkommenden Filmfiguren in Geschichten assoziieren.
Nr.03 : Schwarze Abschiedsträne. Sumerisch.
Mir geht es wie einem Beitragsmitglied auf einem Diskussionsboard, der schrieb "Mit schwarzen Tränen assoziiere ich sofort Celan ..." Wenn man nach "schwarzen Tränen" googelt, findet man viel.
Schwarz und sumerisch - wo ist die Verbindung? Das Sumerische ist mir dunkel. Das ist ein tertium comparationis: Dunkel und schwarz ist die Träne, dunkel und schwarz ist mir die Vergangenheit der Sumerer.
Sumerer ist: Keilschrift. Ich habe sie in der Türkei gesehen.
Die Verbindung "schwarze Träne" und "sumerisch" ist für mich zu schwach, zu hergeholt. Viele Vergangenheiten, die mir unbekannt sind, liegen im schwarzen Dunkel.
Dieses tertium comparationis ist zu schwach für das Erinnern, es muss ein anderes her.
Da ist ein missing link - wo ist die Verbindung von "schwarzer Träne" und "sumerisch"? Ich kann mir eine Sumererin vorstellen, die schwarze Tränen weint, weil ihr Mann im Krieg hingeschlachtet worden ist.
Das Dunkle des Sumerischen muss sich irgendwie mit dem Dunkeln der schwarzen Träne vermischen. Lange meditiert, tut es das auch.